Haushaltsrede 2019
Meinolf Schmidt
Fraktionsvorsitzender der UWG-Fraktion im Kreistag Olpe

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Landrat Beckehoff,
sehr geehrte Mitglieder des Kreistages,
sehr geehrte Damen und Herren,

zum zweiten Mal in diesem Jahr wird an dieser Stelle der Kreishaushalt bewertet.
Am 19.03. wurde der Haushaltsplan 2018 beschlossen und nur ein halbes Jahr später
am 24.09. wurde der jetzt vorliegende Produktplan 2019 eingebracht, wobei das Zahlenwerk bereits bei der Einbringung des Haushaltes, sowie von meinen Vorrednern ausführlich beleuchtet wurde und deshalb von mir nicht wiederholt werden muss.

Gleichfalls sind auch die politischen Rahmenbedingungen ausführlich bei der Haushaltsrede des Landrates aufgeführt worden. Insbesondere die Kernaussage : „Die Kommunalhaushalte hängen derzeit am Tropf der sehr guten Wirtschaftsentwicklung einerseits und verschiedener Bundeshilfen andererseits“, gibt die finanzielle Situation in unseren Kommunen kurz und präzise wieder.

Auch die positiven Veränderungen des GFG 2019, also die erhöhte Schul- und Sportpauschale, sowie die Aufwands- und Unterhaltungspauschale sowie die endlich in voller Höhe weitergegebene Integrationspauschale an die Kommunen sind allesamt zu begrüßen, wobei allerdings die seit Jahren zu Recht bemängelten Benachteiligungen des ländlichen Raumes wie z.B. durch die sogenannte Einwohnerveredelung endlich beseitigt werden müssen. Gleichfalls hoffen wir auch, dass die jährlich rapide steigenden Ausgaben in den Sozialbereichen durch Bundes- und Landesbeteiligungen deutlich reduziert werden.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,
lassen Sie mich den vorliegenden Haushalt einmal rückwärts betrachten.

Als Helmut Kohl im August 1984 zu seinem Regierungsstil befragt wurde, entstand das berühmte Zitat :
„Entscheidend ist, was hinten rauskommt“.

Finanziell betrachtet heißt dieses hier „Ungedeckter Finanzbedarf“ oder prozentual ausgedrückt „Kreisumlage“. Wie auch in den vergangenen Jahren steigt dieser Finanzbedarf um 6 Mill. € und somit sind von den Kommunen insgesamt rund 120 Mill. € Kreisumlage zu entrichten. Das dieses in den sieben Rathäusern nicht gerade zu Begeisterungsstürmen führt ist verständlich. Der Gewerbesteueransatz aller Kommunen hier im Kreis beträgt etwa 113 Mill. € und wird durch Gewinne in Betrieben erwirtschaftet, um dann anschließend als Kreisumlage zur Kreiskasse überwiesen zu werden.

Bevor man sich jedoch dieser Argumentationen anschließt, möchte ich Ihnen unsere Sichtweise auf diese alljährlich wiederkehrende Problematik näher bringen. Als Grundlage hierfür dient die Kreisordnung NRW, die dazu ausführt :

  1. Nach § 56 KrO NRW ist durch die Kreise für die nichtgedeckten Kosten eine Umlage von den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu erheben.
  2. Die Kreise haben ihr Vermögen und die Einkünfte so zu verwalten, dass ihre Finanzen gesund Auf die wirtschaftlichen Kräfte der Kommunen ist Rücksicht zu nehmen. Also das sogenannte „Rücksichtnahmegebot“.

Und in diesen zwei Paragrafen steckt das finanzielle Drama des Kreises !

Auf der einen Seite muss der Kreis für die Sicherstellung der eigenen Aufgaben eine Umlage erheben und auf der anderen Seite darf die finanzielle Ausstattung der Kommunen für ihre eigenen ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllungen nicht verletzt werden. Und diese Zwickmühle können wir von uns aus nicht beseitigen.

Als weitere Grundlage aus der Kreisordnung bleibt somit :

  1. Die Kreisumlage ist im Benehmen mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden festzusetzen.

Hierzu konnten wir in diesem Jahr einige Auffälligkeiten feststellen. Der in den letzten Jahren oftmals zitierte Schulterschluss der Kommunen wurde unserer Meinung nach durch zwei getrennte Stellungnahmen zum Haushaltsentwurf unverständlicher Weise aufgelöst. So sind Drolshagen, Finnentrop und Kirchhundem aufgrund ihrer geringeren Entwicklung der Meinung das :

„Der Griff in die klammen Kassen der Kleinen überproportional zu deren Steuerkraft stattfindet“. (Zitat WP 23.11.2018)

Meine Damen und Herren,
genau wie der Landrat bereits festgestellt hat, sehen wir, dass sich die Steuerkraft der Kommunen gegenüber der Steigerung der Kreisumlage im gleichen Zeitraum stärker entwickelt hat. Und das die Finanzkraftunterschiede zwischen den kreisangehörigen Kommunen durch die Kreisumlage ja ausgeglichen wird.

Und wesentlich wichtiger als der Hinweis auf einen eventuellen konjunkturellen Abschwung, der ja alle Kommunen betreffen würde, ist der Blick auf die Kassen der großen Umlagezahler. So würde beispielhaft ein Einbruch der Gewerbesteuer in Attendorn, die 36 Mill. € und somit rund 30 % der gesamten Kreisumlage bezahlen, eine wesentlich größere Umlage bei den anderen Kommunen bewirken.

Bei allem Verständnis für den Unmut bei den Kommunen, eine gemeinschaftliche Stellungnahme im Rahmen der Benehmensherstellung wäre effektiver gewesen.

Weitere, unserer Meinung nach provokativen Äußerungen zur Kreisumlage konnten der Presse entnommen werden, die ich aber von hier aus nicht zitieren möchte. Lediglich zum Vorwurf : „Das sich die Kreistagsmitglieder zu den Stellungnahmen der Bürgermeister nicht geäußert haben“ möchte ich hier beantworten.
Nicht nur den Juristen unter den Bürgermeistern müsste bekannt sein, das es sich bei der Benehmensherstellung  um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Nach Auffassung des Städte- und Gemeindebundes sowie des Ministeriums soll somit die Beteiligung „verdichtet“ werden und die Verhandlungspositionen der Bürgermeister und Kämmerer z.B. in der Hauptverwaltungsbeamtenkonferenz gestärkt werden. Somit ist dieser Vorwurf nicht zutreffend, zumal alle Fraktionen am heutigen Tage ihre Meinung hierzu vortragen.

Bei Rückkehr auf die sachliche Ebene stellen wir fest,
dass sich in den letzten Jahren die Anregungen und Einwendungen der Kommunen bei der Benehmensherstellung im Wesentlichen auf die folgenden Punkte bezogen :

  1. Fehlende Transparenz und Informationspolitik
  2. Zu hohe freiwillige Leistungen
  3. Höhere Entnahme aus der Ausgleichsrücklage
  4. Personalkostenentwicklung

Zu 1. Fehlende Transparenz und Informationspolitik
Das Verfahren der Benehmensherstellung wurde zeitlich ausgeweitet und die Städte und Gemeinden wurden anders als bisher, wesentlich früher und in einem zweigeteilten Beteiligungsverfahren informiert. So berichten die Kommunen positiv über einen konstruktiven Dialog mit dem Kreis, der nach Ihrer Aussage Herr Landrat, auch in Zukunft beibehalten wird.

Zu 2. Zu hohe freiwillige Leistungen
In den vorhergehenden Haushaltsjahren waren in der Tat zu hohe freiwillige Leistungen des Kreises vorhanden und wurden zumindest von unserer Fraktion kritisiert.  Insbesondere die vorgesehenen finanziellen Mittel für die „Kooperationsvereinbarung mit der Platin Scala“ sowie die Aufwendungen für das Kreisjubiläum waren freiwillig und führten deshalb bei uns zur Ablehnung des Haushaltes.
In diesem Jahr sind derartige freiwillige Leistungen im Haushalt nicht oder nur schwer zu finden. Im Gegenteil : Wir hätten uns über die Zustimmung zur Einführung eines Medizinstipendiums gefreut, weil wir dadurch einen weiteren Baustein zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sehen.

Zu 3. Höhere Entnahme aus der Ausgleichsrücklage
Eine Verringerung der Ausgleichsrücklage, wie von den drei Kommunen gefordert wird von uns nicht unterstützt. Wie ihnen bekannt sein sollte, handelt es sich selbstverständlich nicht um Geld, welches in der Kasse liegt, sondern um bilanzielles Eigenkapital. Eine weitere Inanspruchnahme dieses Eigenkapitals würde nur zu einer weiteren Verschuldung führen und der einmalige Verbrauch dieser Rücklage ist gerade in Zeiten der aktuellen positiven Konjunktur nicht angebracht. Unserer Meinung nach wird der Sockelbetrag von 3 Mill. € dringend als Schwankungsreserve benötigt.

Herr Landrat, meine Damen und Herren,
und wenn ich nun noch die positive Arbeit der Kreisverwaltung in den verschiedensten Bereichen nenne, die von Breitbandausbau über den Straßenzustand bis hin zur Regionale 2025 reichen, werden Sie sich fragen, wo bleibt die Kritik der UWG an diesem Haushalt und warum lehnt die UWG den vorliegenden Haushalt ab ?

Wir möchten damit ein deutliches Signal auf den letzten Punkt setzen :

Zu 4. Personalkostenentwicklung
Neben der Landschaftsumlage und den Sozialaufwendungen liegt die größte Last in unserem Haushalt bei diesen Aufwendungen. Bei den Diskussionen hierüber wird zwar auf die geringfügigen Stellenerweiterungen, sowie auf die Finanzierung durch Dritte oder den Gebührenhaushalt hingewiesen. Fakt ist aber, dass die Nettobelastung steigt und zwar von 72% im Jahr 2016 auf aktuell 75%.

Die Personalplanung muss auf Aufgabenverschiebungen und neue Organisationsformen eingehen und nicht ausschließlich nach dem Motto „Mehr Aufgaben = Mehr Stellen“ agieren. Ebenso muss über die Raumbedarfsplanung neu nachgedacht werden. Gute Beispiele gibt es hierfür z.B. bei der Stadt Olpe im Zuge des Rathausneubaus.

Die Standards der Aufgabe sind zu überprüfen und außerdem bietet der demographische Wandel die Chance zu prüfen, ob Aufgaben in der bisherigen Art und im gleichen Umfang weiter aufrechterhalten werden müssen. Auch müssen durch den Einsatz der Digitalisierung Arbeitsprozesse optimiert werden und zu geringeren Personalkosten führen. Ansonsten sind die Aufwendungen im IT-Bereich nicht zu rechtfertigen.

Auch bei den dazugehörigen Pensionsrückstellungen, ist der Kreis Olpe mehr als andere Kreise durch diese Rückstellungen belastet, so die GPA, auch wenn die ausfinanzierten Versorgungsleistungen in den letzten Jahren gestiegen sind.

So liegt die Pensionsrückstellungsquote 2017 des Kreises Olpe bei 47%. Bei den Kommunen, was durch die höhere Bilanzsumme natürlich nur bedingt vergleichbar ist, im einstelligen Bereich. So beträgt diese in Finnentrop 9% und in Attendorn nur 5%.

Zur Verdeutlichung die Definition der Pensionsrückstellungsquote:

Diese Kennziffer zeigt an, wie viel Prozent des gesamten Kapitals in zukünftige Pensionsverpflichtungen gebunden ist. Die fälligen Auszahlungen werden zwar erst in späteren Jahren fällig, zeigen jedoch bereits heute an, wie hoch die zukünftige Belastung sein wird.

Auch sieht der Kreiskämmerer in den neuen Richtwerten für die Altersversorgung nach Heubeck ein nicht unerhebliches Haushaltsrisiko.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung wurde zwar durch die Wiedereinführung des Arbeitskreises „Mittelfristige Finanzplanung“, vor über einem Jahr, sowie durch die am 19.3.2018 hier beschlossene externe Beratung gemacht, allerdings fehlen bis zum heutigen Tage erste Ergebnisse und Empfehlungen für ein Handlungskonzept.

Es muss die alljährlich wiederkehrende Kritik der Kommunen beachtet werden und dringend und sofort an dieser großen Stellschraube des Haushaltes gedreht werden. Und dieser Appell ist nicht alleine an die Verwaltung, sondern insbesondere auch an die Mehrheitsfraktion gerichtet.

Lassen Sie mich damit zum Schluss kommen und zusammenfassen :

Der Kreis und die Kommunen müssen gemeinsam an einem Strang ziehen und die zukünftigen Aufgaben lösen. Den Bürgerinnen und Bürgern ist es nämlich völlig egal, ob der  Kreis Olpe oder die eigene Kommune hierfür verantwortlich ist. 

Bedanken möchte ich mich im Namen der UWG-Fraktion bei Herrn Müller und den Mitarbeitern der Kämmerei für die Aufstellung des Produktplans 2019, welcher in kürzester Zeit und mit der neuen Finanzsoftware bewältigt wurde,
und bei Ihnen Herr Landrat,
meine Damen und Herren,
für Ihre Aufmerksamkeit.